Berliner Philharmoniker
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Autor*in: Malte Krasting
ca. 2 Minuten

Das »Watschenkonzert« von 1913 in einer anonymen zeitgenössischen Karikatur | Bild: akg-images / brandstaetter images

Im Wien des frühen 20. Jahrhunderts lösten die Werke Arnold Schönbergs immer wieder Skandale aus. Berühmt wurde vor allem eine Aufführung der Kammersymphonie Nr. 1, bei der es sogar zu Handgreiflichkeiten kam.

Das waren noch Zeiten! Heute zuckt man schon zusammen, wenn im Konzert an der falschen Stelle geklatscht wird. In Wien kurz nach der Jahrhundertwende musste man froh sein, mit heiler Haut wieder herauszukommen. Jedenfalls, wenn Schönberg auf dem Programm stand. Um 1907 begannen Aufführungen seiner Werke zu Skandalen auszuarten, darunter die Uraufführung der Kammersymphonie Nr. 1.

Am 8. Februar 1907 ging es hoch her: Man redete und lachte, zischte und stampfte, ein Teil des Publikums verließ den Saal, ein Konzertbesucher nutzte demonstrativ den Notausgang. Gustav Mahler hingegen, damals Hofoperndirektor, stand nach der Erinnerung seiner Frau Alma »so lang vorne an der Logenbrüstung und applaudierte, bis die letzten Scharfmacher aus dem Saal waren«.

Als Schönberg die Kammersymphonie sechs Jahre später, am 31. März 1913, im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins dirigierte, eskalierte die Situation vollends. Zischen setzte ein, Lachsalven übertönten die Musik, Studenten pfiffen, auf der Galerie wurde man handgreiflich. Alban Bergs anschließende Altenberg-Lieder mussten abgebrochen werden, Gustav Mahlers Kindertotenlieder wurden gar nicht erst begonnen. Anton Webern forderte laut, man solle die ganze Bagage hinausschmeißen, aus dem Parkett kam die Antwort, die Schönberg-Clique gehöre in die Irrenanstalt.

Als die Mitglieder des Akademischen Verbands für Literatur und Musik in Wien, die das Konzert veranstalteten, als »Lausbuben« beschimpft wurden, wusste sich der Obmann Erhard Buschbeck nicht anders als mit einer Ohrfeige, auf österreichisch mit einer »Watschen« zu helfen. Man sah sich vor Gericht wieder. Richtig überrascht dürfte Schönberg kaum gewesen sein, hatte er doch schon 1909 konstatiert: »Publikum und Kritik sind heutzutage so sehr von allen guten Geistern der Kunst verlassen, dass sie in keiner Hinsicht mehr einen Maßstab abgeben können.« Seine Freunde zogen ein heiter-sarkastisches Resümee dieser Aufführung, die als »Watschenkonzert« berühmt wurde: »Wieder ein schöner Abend, der Unvergessliches brachte.«