Berliner Philharmoniker
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Autor*in: Nicole Restle / Malte Krasting

Richard Strauss’ »Ein Heldenleben« als Reise-Repertoire

Acht Hörner, fünf Trompeten, vierfach besetzte Holzbläserstimmen, drei Posaunen, zwei Tuben und Harfen, sowie Streicher, Pauken und Schlagzeug – zur Aufführung von Strauss‘ Heldenleben braucht es einen sehr großen Orchesterapparat. Eigentlich kein Werk, das sich unkompliziert auf eine Tournee mitnehmen lässt. Und dennoch gehört die Tondichtung des Münchner Komponisten seit fast 100 Jahren ins musikalische Tour-Gepäck der Berliner Philharmoniker. Vor allem Herbert von Karajan, Chefdirigent der Berliner Philharmoniker von 1956 bis 1989, setzte Ein Heldenleben oft und gerne aufs Reiseprogramm, egal, ob es nach Bielefeld, Hamburg, Düsseldorf oder Salzburg, nach Italien, Spanien und Frankreich oder sogar nach Japan oder in die USA ging.

Selbstbewusst, megaloman, klangschön

Mit seiner Tondichtung Ein Heldenleben wirbelte der junge Strauss zunächst viel Staub auf. Man hielt ihn schlicht für größenwahnsinnig, als er erklärte, er finde sich nicht weniger interessant als Napoleon oder Alexander den Großen. Verwegen überhaupt die Idee einer Symphonischen Dichtung über einen Helden, der niemand anderes zu sein schien als er selbst. Auch die Musik stützte die These von Strauss’ Größenwahn. Schon durch das selbstbewusste, weit ausgreifende Es-Dur-Thema stellt er sich in eine Linie mit dem großen Symphoniker Ludwig van Beethoven und dessen »Eroica«.

Im Kapitel »Des Helden Friedenswerke« vereint er in einer kunstvollen polyfonen Collage Zitate aus bekannten früheren Werken wie Macbeth, Don Juan, Tod und Verklärung, Don Quixote und das Lied Befreit – ganz am Ende klingt noch die Fanfare aus Also sprach Zarathustra an, und auch Motive aus seiner erfolglosen, fast vergessenen Oper Guntram werden eingeflochten. Dass mit »Des Helden Gefährtin« Strauss’ Gattin Pauline (und sein Liebeswerben um ihre Gunst) porträtiert wurde, verstand sich beinahe von selbst.

»Des Helden Widersacher« aber, die zeternd und blökend herumnörgeln und behäbig dazwischenquengeln, bezogen die zeitgenössischen Musikkritiker auf sich selbst und taten daraufhin das, was sie schon vorher getan hatten: sie zeterten und nörgelten. Erst viel später erkannten sie, was Strauss mit seinen Symphonischen Dichtungen geleistet hatte – eine Verbindung des einstmals Unvereinbaren, von »absoluter Musik« und Programmmusik.

Denn Ein Heldenleben ist eben nicht nur ein Selbstporträt, sondern kommt einer ausgewachsenen Symphonie nahe. Dass der Komponist weit über eine musikalische Autobiografie hinausdachte, ergibt sich schon daraus, dass er wohl kaum seine eigene »Weltflucht und Vollendung« vorhersah. Noch in einer seiner letzten Aufzeichnungen notierte der greise Künstler: »warum sieht man nicht das Neue an meinen Werken, wie in ihnen, wie nur noch bei Beethoven der Mensch sichtbar in das Werk spielt […].«

Großer Auftritt für Konzertmeister*innen

In Strauss Heldenleben, das zum Kernrepertoire der Berliner Philharmoniker gehört, kann das Orchester seine Brillanz und seine Nuancierungskunst ideal zum Ausdruck bringen. Zudem gibt die klangprächtige Partitur den Musikerinnen und Musikern die Möglichkeit, ihre solistischen Qualitäten unter Beweis zu stellen. Nicht zuletzt haben auch die Ersten Konzertmeister*innen mit dem verführerischen Violinsolo, das die Gefährtin des Helden charakterisiert, einen großen Auftritt. Bei dieser Tour wird unsere neue Konzertmeisterin Vineta Sareika-Völkner diesen Part übernehmen.

Dass die Berliner Philharmoniker Strauss‘ Tondichtung mit auf eine große Übersee-Tournee nahmen, liegt allerdings schon eine Weile zurück: 2005 erklang sie während einer Asienreise mit Sir Simon Rattle, 2006 bei einem Gastspiel in New York. Zuletzt dirigierte Kirill Petrenko das Werk im April 2023 bei den Osterfestspielen in Baden-Baden – als Auftakt zu dieser Saison, in der das Thema Heroes einen Schwerpunkt bildet. Und bei diesem darf Ein Heldenleben von Richard Strauss nicht fehlen, weder in Berlin noch auf Tour.