Georg Schumann und das Berliner Philharmonische Orchester

Von Gottfried Eberle

Georg Schumann
(Foto: Georg Schumann Gesellschaft )

Der Dirigent, Pianist und Komponist Georg Schumann (1866-1952) gilt als einer der Künstler, die am längsten und beständigsten mit dem Berliner Philharmonischen Orchester zusammenarbeiten konnten. 1887, fünf Jahre nach Gründung des Klangkörpers, trat er erstmals in einem philharmonischen Konzert auf – als Solist des Klavierkonzerts seines Namensvetters Robert Schumann. Ab 1900 galten die Philharmoniker als Schumanns bevorzugtes Orchester bei den Ur- und Erstaufführungen seiner Werke. Als ständiger Partner der Sing-Akademie, deren Direktor er von 1900 bis1952 war, bestritten er und die Philharmoniker bis zu einem Dutzend Konzerte jährlich.

Georg Schumann, der einer hochmusikalischen Familie entstammte, wurde am 25. Oktober 1866 im sächsischen Königstein geboren. Seine Ausbildung erhielt er bei seinem Vater in der heimatlichen Stadtpfeiferei und am Leipziger Konservatorium, das er 1887 abschloss. Nach Positionen als Dirigent in Danzig und in Bremen unter Felix Weingartner erhielt er 1900 den Posten des Direktors der Berliner Sing-Akademie. 1907 wurde er Mitglied der Akademie der Künste, übernahm später die Kompositionsklasse von Max Bruch sowie die Leitung der Sektion Musik, zu deren Konzerten er regelmäßig die Philharmoniker verpflichtete. Als Pianist von hohem Rang trat er solistisch sowie mit seinen Trio-Partnern Carl Halir und Hugo Dechert in ganz Europa auf.

(Foto: Georg Schumann Gesellschaft )

Eine gelungene Partnerschaft

Als Schumann um die Jahrhundertwende die Leitung der traditionsreichen Sing-Akademie zu Berlin übernahm, hatte diese bereits eine langjährige Verbindung zum Berliner Philharmonischen Orchester, insbesondere durch Schumanns Vorgänger Martin Blumner, der den Klangkörper seit seiner Gründung im Jahre 1882 zu Aufführungen engagiert und ihm damit eine willkommene Starthilfe gewährt hatte.

Zu seinem ersten Konzert mit der Sing-Akademie zog Schumann gleich die Philharmoniker heran und spielte mit ihnen neben Mozarts Requiem auch eine Bach-Kantate. Er knüpfte damit sofort an die lange Bach-Pflege der Sing-Akademie an und erweiterte sie zusammen mit den Philharmonikern beträchtlich.

1901 nahmen sie gemeinsam beim ersten Deutschen Bachfest in Berlin teil; 1906 gab Schumann mit dem Orchester Benefizkonzerte zum Erwerb des Bachhauses in Eisenach, das zu einem Bach-Museum umgestaltet wurde. Kein Geringerer als der große Geiger und Gründer der Berliner Musikhochschule, Joseph Joachim, unterstützte ihn dabei.

Mit den Philharmonikern konnte Schumann auch die gründliche Erneuerung des Repertoires der Sing-Akademie starten, das noch kaum bis Brahms gelangt war. Schon 1901 brachte er die Seligpreisungen von César Franck zur Aufführung sowie 1903 das Verdi-Requiem zusammen mit seiner Totenklage. Es folgten unter anderem Werke von Edward Elgar bis Franz Schmidt.

Geschätzter Komponist

Die philharmonischen Chefdirigenten setzten sich auch bald für Schumanns eigene Werke ein: Arthur Nikisch dirigierte 1906 die Ouvertüre zu einem Drama, 1911 die Ouvertüre Lebensfreude und 1918 die Variationen über ein Thema von Bach.

Sein Nachfolger Wilhelm Furtwängler brachte 1929 die Variationen über Gestern Abend war Vetter Michel da, die ein rauschender Erfolg wurden. Die Philharmoniker begleiteten Georg Schumann und die Sing-Akademie 1913 zu ihrer ersten Auslandsreise nach Italien. Die langjährige Zusammenarbeit wurde von einem Konzert gekrönt, das das Orchester zu Schumanns 70. Geburtstag am 25. Oktober 1936 gab.

Während des Dritten Reichs unterstand das Orchester dem Propaganda-Ministerium, doch die jahrzehntelange vertragliche Bindung der Philharmoniker an die Sing-Akademie ermöglichte es Schumann, weiterhin mit dem Orchester zu arbeiten; kurz vor Kriegsende am 14. April 1945 wurde im Beethovensaal neben der alten Philharmonie das Deutsche Requiem von Brahms aufgeführt.

Nach dem Krieg blieb das Orchester dem Komponisten weiterhin verbunden. Zu seinem 80. Geburtstag 1946 dirigierte Sergiu Celibidache Georg Schumanns Händel-Variationen. Die letzten Konzerte unter Schumanns Leitung fanden 1946 und 1947 statt – danach endete die 60-jährige Zusammenarbeit. Als Schumann am 23. Mai 1952 in Berlin starb, spielten Mitglieder der Berliner Philharmoniker zu seiner Trauerfeier.