Franz Schreker ist ein Kind des Fin de Siècle. Seine üppige, expressive und klangsinnliche Musik entspricht so ganz dem schwelgerischen Lebensgefühl jener Zeit. 1878 als Sohn eines österreichischen Hoffotografens in Monaco geboren, kommt er nach dem Tod des Vaters 1888 nach Wien – eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste Musikzentrum Europas. Dort wirken Brahms und Bruckner und die ganze Stadt tanzt zu den Walzerklängen eines Johann Strauß. Während Schrekers Studium am Wiener Konservatorium werden Alexander Zemlinsky und Gustav Mahler bestimmende Persönlichkeiten des Wiener Musiklebens, zudem formiert sich um Arnold Schönberg eine neue Komponistengeneration.
Man kennt sich untereinander, trifft sich in den Kaffeehäusern der Stadt und diskutiert die neuen kulturellen Ideen. Mit der Uraufführung seiner Oper Der ferne Klang steigt Franz Schreker 1912 zu einem der führenden Komponisten seiner Zeit auf. Als Professor an der Akademie der bildenden Künste unterrichtet er Ernst Krenek und Alois Hába.
Seine folgenden Bühnenwerke, Die Gezeichneten (1915) und Der Schätzgräber (1918), machen ihn – noch vor Richard Strauss – zum meistgespielten Opernkomponisten jener Jahre. »Die Oper ist kein Kunstgenre, dem man mit dem Verstand beikommen kann«, schreibt er. »Wir sind heutzutage alle viel zu sehr rationalistische Verstandesmenschen geworden und ärgern uns über jedes, was nun nicht logisch ganz klar und zweifelsfrei erkennbar ist, während gerade das Schöne und eigentlich künstlerische der Oper darin liegt, uns das verstandesmäßig nicht fassbare künstlerisch glaubhaft zu machen.«
Immer wieder betont er , dass er – ganz den neuen Erkenntnissen der Freudschen Psychoanalyse entsprechend – aus dem Unbewussten schöpft. Träume, Illusionen, das sinnliche, aber gleichzeitige destruktive Spiel zwischen Mann und Frau bestimmen die Sujets seiner Opern.
1920 folgt er einem Ruf nach Berlin, wo er Direktor der Hochschule für Musik wird. Die Stadt, Zentrum der Weimarer Republik und der künstlerischen Avantgarde, ist gerade dabei sich neu zu erfinden. Die modernen Ideen seiner Schüler stoßen bei ihm oft auf Unverständnis, er kritisiert die »übertriebene Originalitätssucht unsrer jungen Leute«. Doch er muss miterleben, wie diese junge Generation mit ihrer »neuen Sachlichkeit« tonangebend wird, seine Musik hingegen immer weniger Interesse findet.
Bereits 1932, noch vor der Machtübernahme Hitlers, bekommt er wegen seiner jüdischen Herkunft die Restriktionen der NS-Ideologie zu spüren. Er verliert seine Ämter und seine Musik gilt als »entartet«. Franz Schreker stirbt 1934 in Berlin an einem Schlaganfall.
1878: Geburt in Monaco
1888: Tod des Vaters und Umzug nach Wien
1892-1900: Studium am Konservatorium Wien
1906/07: Chordirektor und Kapellmeister an der Wiener Volksoper
1912: Uraufführung der Oper Der ferne Klang (1905/1910), Professur für Komposition an die Wiener Musikakademie
1913: Dirigent der Uraufführung von Schönbergs Gurre-Lieder
1918: Uraufführung der Oper Die Gezeichneten
1920: Uraufführung von Der Schatzgräber; Berufung als Direktor der Musikhochschule Berlin
1924: Uraufführung von Irrelohe
1932: Auf faschistischen Druck Rücktritt als Direktor der Berliner Musikhochschule; übernimmt Meisterklasse an der Preussischen Akademie der Künste
1933: Versetzung in den Ruhestand durch das NS-Regime
1934: Tod in Berlin