Von: Harald Hodeige

Entstehungszeit: 1788
Uraufführung: nicht nachgewiesen
Dauer: 31 Minuten

  1. Allegro vivace
  2. Andante cantabile
  3. Menuetto. Allegretto – Trio
  4. Finale. Molto allegro

Bei den Berliner Philharmonikern:
erstmals am 16. Februar 1885, Dirigent: Franz Wüllner

Mozart vollendete seine Symphonie Nr. 41 in C-Dur mit dem Beinamen »Jupiter« im August 1788. Zusammen mit den Symphonien Nr. 39 in Es-Dur und Nr. 40 in g-Moll war sie vermutlich für drei Konzerte im Saal des neuen, von Philipp Otto gegründeten Casinos in der Wiener Spiegelgasse bestimmt. Im Frühsommer hatte sich Mozart in die nordwestliche Wiener Vorstadt Alsergrund zurückgezogen, um »mit mehrerer Musse« zu komponieren – mit Erfolg: »Ich habe in den 10 Tagen, dass ich hier wohne, mehr gearbeitet als in andern Logis in zwei Monaten.« Tatsächlich war die Ausbeute der ersten Wochen außergewöhnlich, denn es entstanden neben kleineren Vokal- und Instrumentalwerken die Sonata facile KV 545 für Klavier sowie die Violinsonate KV 547, zwei Klaviertrios und besagte drei Symphonien, die als Gipfelwerke der klassischen Symphonik in die Musikgeschichte eingegangen sind.

Über ihren Entstehungsanlass ist viel gerätselt worden. Möglicherweise besteht ein Bezug dieser Trias zu jenen Symphonien, die Joseph Haydn in den Jahren 1785/86 für die Pariser Gesellschaft Le Concert de la Loge Olympique komponiert hatte: eine Serie von sechs Werken, deren erste drei Nr. 82 in C-Dur, Nr. 83 in g-Moll und Nr. 84 in Es-Dur stehen. In umgekehrter Reihenfolge sind das genau die Tonarten, in denen Mozart seine letzten drei Symphonien schrieb, die auch bezüglich ihrer Holzbläserbesetzung mit nur einer Flöte statt der üblichen paarweisen Besetzung dem Vorbild Haydns folgen. Natürlich kann das Zufall sein. Mozart hatte Haydn allerdings bereits 1785 sechs Streichquartette gewidmet – Werke, die ausdrücklich einen künstlerischen Reflex des Jüngeren auf die 1781 erschienenen Haydn-Streichquartette op. 33 darstellen –, weshalb es durchaus möglich wäre, dass er dem verehrten Freund seine Reverenz erweisen wollte.

Letzteres würde auch die enorme Vielfalt der Stücke erklären, denn alle drei Werke unterscheiden sich bis in die Besetzung grundlegend: Die Es-Dur-Symphonie Nr. 39 führt in den Worten E. T. A. Hoffmanns »in die Tiefen des Geisterreichs«, da die Musik ungeachtet ihrer Strahlkraft auch Bereiche des Dämonischen berührt. Die populäre g-Moll-Symphonie Nr. 40 erweist sich als Musterbeispiel architektonischer Ausgewogenheit, während die »Jupiter«-Symphonie mit einer formalen und satztechnischen Meisterschaft aufwartet, die aus allem, was zu Mozarts Lebzeiten in der Instrumentalmusik vorstellbar war, die Quintessenz bildet. Vermutlich deshalb wurde das Werk nach dem antiken Göttervater benannt, wenn auch nicht von Mozart selbst. Laut einem Tagebucheintrag des englischen Verlegers Vincent Novello stammt der Beiname von dem Geiger Johann Peter Salomon, der als Initiator der Englandreisen Haydns und erfolgreicher Konzertveranstalter in London berühmt wurde: »Mozarts Sohn sagte, er würde das Finale der Sinfonia in C seines Vaters, der Johann Peter Salomon den Beinamen Jupiter gab, als den Triumph der neuen Tonkunst ansehen, und ich stimme mit ihm überein«.

Tatsächlich liegt das Hauptgewicht der Symphonie nicht mehr auf dem Kopfsatz, sondern auf dem Finale, das in einer großen Fuge in majestätischem Tonfall ausklingt – ein Modell, dass Beethoven später aufgriff und vervollkommnete. Mozart kombinierte in diesem bisher nie dagewesenen Finale streng fugierte Teile mit der Sonatenhauptsatzform und führte am Ende des Satzes fünf Themen zu einer atemberaubenden Fuge zusammen. Kontrapunkt wird hier zum Ausdruck purer Lebensfreude, wenn sich am Schluss alle Themen in strahlendem C-Dur vereinen. Neben Salomons durchaus passender Assoziation an Jupiter sorgte Mozart hier selbst für einen musikalischen Querverweis: auf das sonnendurchflutete Reich Sarastros aus der Zauberflöte. Die letzten Takte der »Jupiter«-Symphonie stimmen fast notengetreu mit dem Ende des ersten Opernaufzugs überein.