Entstehungszeit: 1925
Uraufführung: nicht nachgewiesen
Dauer: 6 Minuten
Bei den Berliner Philharmonikern:
erstmals am 11. Dezember 2025 unter der Leitung von Andris Nelsons
Zu seinen Lebzeiten war er der wohl berühmteste Organist der Welt: der Franzose Marcel Dupré, der bei Charles-Marie Widor studiert hatte, im Gottesdienst die große Cavaillé-Coll-Orgel in der Pariser Kirche Saint-Sulpice spielte und am Pariser Konservatorium eine Orgelklasse leitete. Auch Olivier Messiaen nahm bei ihm Unterricht und nannte seinen Lehrer bewundernd den »Liszt der Orgel«. Regelmäßig ging Dupré auf Tournee: Insgesamt 2.178 Konzerte hat er gegeben, viele davon in den USA. Als er 1921 in New York gastierte, spielte er im Freundeskreis ein Stück auf dem Klavier vor, das er gerade erst komponiert hatte: Cortège et Litanie, den zweiten Teil einer Bühnenmusik für Kammerorchester. Daraufhin erhielt er den Auftrag, für die gigantischen Instrumente der Wanamaker-Kaufhäuser eine Orgelfassung zu erstellen. Dupré sagte gerne zu – und lieferte eine Alternativversion für Orgel und Orchester gleich mit.
Das Werk beginnt mit einer ruhigen, choralhaften Melodie, dem Cortège, was auf Deutsch Geleitzug oder Prozession bedeutet. Dupré kolorierte sie zauberhaft mit Harfenklängen, doch nach nur 36 Takten setzt schon der zweite Teil ein, die Litanie. Deren Thema, das zunächst in der Flöte erklingt, wird dann mit leichten Varianten 23-mal wiederholt, wie bei einer Litanei mit ihren ewiggleichen Formeln. Am Ende aber überblendet Dupré beide Gedanken und fusioniert sie zu einem rauschhaften Finale.