Von: Harald Hodeige

Entstehungszeit: 1761
Uraufführung: 17. Oktober 1761 im Alten Burgtheater, Wien
Dauer: 45 Minuten

Bei den Berliner Philharmonikern:
erstmals am 4. Dezember 2025 unter der Leitung von Jordi Savall

Als die Ballettpantomime Don Juan am 17. Oktober 1761 am Wiener Burgtheater Premiere hatte, war wohl den wenigsten bewusst, dass an diesem Abend Ballettgeschichte geschrieben werden würde. Denn Le Festin de Pierre (Das steinerne Gastmahl), wie der Titel damals noch hieß, war eines der ersten vollständig ausgeführten ballets en action, da eine komplette dramatische Handlung – der reuelosen Abstieg Don Juans in die Tiefen der Hölle – ohne gesprochenen oder gesungenen Text ausschließlich mit Hilfe von Gestik, Mimik und Musik dargestellt wurde. Die Choreografie stammte vom Ballettmeister des Wiener Hofes, Gasparo Angiolini, der auch die Titelrolle tanzte und mit dem Librettisten Ranieri de’ Calzabigi fürs Szenario zusammenarbeitete. Die Handlung basierte auf Molières Komödie Dom Juan ou Le Festin de Pierre von 1665.

Ganz wesentlichen Anteil am Erfolg von Don Juan hatte Glucks zukunftsweisende Musik, die alle Qualitäten hatte, um ohne gesprochenes Wort die Handlung kongenial zu illustrieren – etwa, wenn die Oboe Don Juans verführendes Ständchen für Donna Elvira übernimmt. In der Handlungsbeschreibung, die Angiolini mit Calzabigi für das Premierenpublikum verfasste, wird das Tanzstück auch als »eine Art Deklamation« beschrieben, »die für die Augen konzipiert ist, deren Botschaft aber durch die Musik verdeutlicht wird, die ihre Klänge variiert, je nachdem, ob der Pantomime Liebe oder Hass, Wut oder Verzweiflung ausdrücken möchte«.

Die Wirkung, die Glucks Musik bei der spektakulären Uraufführung gehabt haben muss, ist kaum zu überschätzen. In den Tagebüchern des Theaterliebhabers Graf Karl von Zinzendorf (die das Wiener Theaterleben dieser Epoche eindrucksvoll beschreiben), heißt es etwa, dass die Handlung »überaus traurig, trübsinnig und furchterregend« sei. Die Schlussszene, in der der Geist des ermordeten Komtur dem wohl bekanntesten Verführer der Literaturgeschichte erscheint, verschlug den Anwesenden den Atem: Furien stiegen auf, um Don Juan zu verschlingen, während ein Erdbeben den Ort in Trümmern versinken ließ.

Glucks eröffnendes Larghetto beschwört eine unheilvolle Ruhe vor dem Sturm herauf, mit sanft wogenden Streicherfiguren, die schließlich von schrillen Ausbrüchen unterbrochen werden. »Plötzlich«, beschrieb Zinzendorf das Ganze, »erscheint die höllische Unterwelt, die Furien tanzen mit brennenden Fackeln und quälen Don Juan; im Hintergrund ist ein großes Feuerwerk zu sehen, das die Flammen der Hölle darstellt; und auch Teufel, die Don Juan schließlich mit sich nehmen und in einen lodernden Abgrund schleudern«.