Von: Clemens Matuschek

Entstehungszeit: 1905
Uraufführung: 26. Mai 1962 in Seattle durch das Streichquartett der University of Washington
Dauer: 8 Minuten

  1. ohne Bezeichnung

Bei den Berliner Philharmonikern:
erstmals am 9. Oktober 2025 unter der Leitung von Daniele Gatti

An der Schwelle zum 20. Jahrhundert erlebte die klassische Musik eine fast unheimliche Verdichtung. Immer intensiver wurde der emotionale Ausdruck, immer gewagter die Harmonien und immer opulenter das Klanggewand. Zu den Komponisten, die die Spätromantik an ihre äußerste Grenze brachten und gleichzeitig rätselten, wie es wohl jenseits dieser Grenze klingen könnte, zählte der junge Revoluzzer Anton Webern. 1883 in eine musikalische Wiener Familie hineingeboren, war er als Schüler von Arnold Schönberg vertraut mit den aktuellen Entwicklungen. Noch vor seinem offiziellen Opus 1 schrieb er 1905 den Langsamen Satz für Streichquartett, verpflichtet ganz der spätestromantischen Emphase. Wie im Sextett Verklärte Nacht seines Lehrers oder in Gustav Mahlers Adagietto aus der Fünften Symphonie – beide kurz zuvor entstanden – scheinen die Melodien ewig dahinzuströmen, schwankend zwischen Liebe, Wehmut, Dramatik und Ekstase.

Auslöser war wohl einerseits eine Hausaufgabe Schönbergs, andererseits Weberns aufflammende Liebe zu seiner Cousine Wilhelmine Mörtl, mit der er einen Wanderurlaub unternahm und die er später heiratete. Am eigentlich geplanten viersätzigen Streichquartett verlor er später das Interesse. Dafür legte die satte Faktur – wie bei der Verklärten Nacht, die Schönberg selbst für Streichorchester umschrieb – die Einrichtung für Orchester nahe, die der amerikanische Dirigent Gerard Schwarz besorgte