Berliner Philharmoniker
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Autor*in: Tobias Möller
ca. 2 Minuten

Jörg Widmann | Bild: Stefan Höderath

Die Kompositionen von Jörg Widmann sind ungeheuer vielfältig, und das aus einem einfachen Grund: Er möchte sich selbst nicht mit dem immer Gleichen langweilen. Wer von dieser Entdeckerlust am meisten profitiert, ist natürlich das Publikum. In der Saison 2023/24 ist Jörg Widmann Composer in Residence der Berliner Philharmoniker.

Der Hauptantrieb zu komponieren kommt bei mir immer aus der Emotion. Beethoven hat einmal geschrieben: ›Von Herzen – möge es wieder zu Herzen gehen.‹ Kunst kommt bei mir von Herzen. Oder: Ich würde sogar noch weiter gehen. Kunst kommt von Müssen. Ich kann gar nicht anders, als ein Stück zu komponieren, das mir gerade auf der Seele liegt.« Jörg Widmann gilt als einer der aufregendsten Musiker unserer Zeit – und als einer der vielseitigsten. Schon seit mehr als zwei Jahrzehnten erhält er Kompositionsaufträge von den führenden Orchestern und Ensembles. Als einer der besten Klarinettisten tourt er durch die Konzertsäle der Welt und inspiriert immer wieder Komponisten zu neuen Werken für sein Instrument. Als drittes Betätigungsfeld kommt seit einigen Jahren noch das Dirigieren hinzu. Widmann war bis Ende 2022 Chefdirigent des Irish Chamber Orchestra und weitet seine Tätigkeit als Orchesterleiter stetig aus. Außerdem unterrichtet er junge Komponisten, derzeit an der Berliner Barenboim-Said-Akademie.

Am Wichtigsten für Jörg Widmann: der Klang

Würde man heute noch von musikalischen Wunderkindern sprechen – Jörg Widmann wäre eines gewesen. Erster Klarinettenunterricht mit sieben, Kompositionsunterricht im Alter von elf Jahren, wichtige Konzertauftritte bereits als Jugendlicher. Dann eine fundierte musikalische Ausbildung als Instrumentalist und Komponist bei den renommiertesten Lehrern in München, Karlsruhe und New York, darunter Hans Werner Henze und Wolfgang Rihm. Mit Anfang zwanzig zählte der 1973 in München geborene Widmann zu den interessantesten Musikerpersönlichkeiten seiner Generation.

Von Beginn an spricht er mit seiner Musik Menschen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund an. Ihm gelingt der Spagat, mit seinen meist großformatigen Partituren in spezialisierten Foren der Avantgarde ebenso zu beeindrucken wie im traditionellen Symphoniekonzert. Seine Musiksprache ist modern, experimentell, gleichzeitig aber von solcher Klarheit und Eindringlichkeit, dass sie Laien wie Fachleute überzeugt. Der Klang ist ihm alles. Nicht zufällig nennt er sich selbst einen »Instrumentationsfetischisten«.

Dialog über Jahrhunderte hinweg

Als Interpret der Klarinettenkonzerte von Mozart oder Weber ist ihm die Auseinandersetzung mit der Tradition ein zentrales Anliegen. »Für mich sind die Programme am spannendsten, die die Musik der Vergangenheit mit der heutigen Musik kombinieren. Es ist manchmal zu wenig, wenn ich ausschließlich Zeitgenössisches höre. Aber ebenso, wenn es den ganzen Abend nur Barockmusik gibt. Für mich entzündet sich die Musik vor allem in einem Dialog über die Jahrhunderte hinweg.« Den Musiker Widmann treibt es immer wieder ins Offene, Ungewisse: »Ich habe den Wunsch an mich selber, dass jedes Stück anders ist, schlicht und einfach, weil ich mich selber nicht langweilen möchte. Wenn jemand ein Leben lang immer dasselbe tut – irgendwann nennt man es Stil. Für mich ist das Neue, das Andere viel wichtiger.«