»Ein voller, runder Ton, als stünde Oistrach auf dem Podium. Und jede Note sitzt«, schwärmte der Kritiker des Tagesspiegels bei Christian Tetzlaffs philharmonischem Debüt im Juni 1995. Der junge Geiger hatte damals mit Bartóks Zweitem Violinkonzert beeindruckt. Wann immer Tetzlaff in den folgenden Jahren bei den Berliner Philharmonikern gastierte, war er der Mann für die Violinkonzerte des 20. Jahrhunderts und der Neuen Musik: Béla Bartók, Alban Berg, Unsuk Chin, Jörg Widmann. Bei seinem letzten Auftritt in der Berliner Waldbühne 2013 hingegen gab er sich romantisch und interpretierte das Violinkonzert e-Moll von Felix Mendelssohn Bartholdy – mit jenem schlackenlosen, betörend klangschönen, ausdrucksstarken Ton, der ihn weltberühmt gemacht hat.

Leidenschaftlicher Kammermusiker

In der Saison 2014/2015 bekommt Christian Tetzlaff als Artist in Residence die Gelegenheit, das gesamte Spektrum seines musikalischen Könnens vorzustellen – als Solist und Kammermusiker. Zum Auftakt seiner Residency spielt er mit den philharmonischen Musikern Thomas Timm (Violine), Máté Szücs und Naoko Shimizu (Bratsche) sowie Bruno Delepelaire (Violoncello) Streichquintette von Mendelssohn und Brahms. In einem Konzert der Orchester-Akademie der Berliner Philharmoniker kann ihn das philharmonische Publikum als Mozart-Interpreten erleben: Christian Tetzlaff ist der Solist des Violinkonzerts G-Dur KV 216 und des C-Dur-Rondo für Violine und Orchester. Mit sieben Mitgliedern der Berliner Philharmoniker, darunter Solo-Klarinettist Wenzel Fuchs und Solo-Hornist Stefan Dohr, schließt sich der Geiger zum Ensemble zusammen, um die Oktette von Franz Schubert und Jörg Widmann aufzuführen.

Mitreißender Solist

Auch die »Königsdisziplin«, ein eigener Soloabend, in dem sich Christian Tetzlaff allein mit seinem Instrument präsentiert, fehlt nicht: Mit einer Partita und einer Sonate aus Johann Sebastian Bachs Sei Solo à Violino senza Basso accompagnato und der Sonate für Violine solo von Béla Bartók spannt er den Bogen vom Barock in die Moderne. Schluss- und Höhepunkt der Residency bildet die Aufführung des Violinkonzerts von Johannes Brahms mit den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle. Zu dem Komponisten Brahms hat der gebürtige Hamburger ein besonders inniges Verhältnis: »Er berührt mich sehr tief. Seine Musik ist ganz echt und gebrochen. [] Bei Brahms gibt es Glücksausbrüche, oder er zieht einem den Boden unter den Füßen weg«, gestand er in einem Interview.