Composer in Residence 2018/2019

George Benjamin

George Benjamin
(Foto: Matthew Lloyd)

In der Spielzeit 2018/2019 widmet die Stiftung Berliner Philharmoniker dem Komponisten und Dirigenten George Benjamin einen großen Schwerpunkt, der den gebürtigen Engländer zum ersten Mal in seiner künstlerischen Bandbreite in Berlin präsentiert: Von den insgesamt sieben Konzerten mit Opern, Klavier-, Kammermusik- und Orchesterwerken von ihm, finden drei in Zusammenarbeit mit dem Musikfest Berlin statt.

Komponist und Dirigent

George Benjamin, ein Schüler von Olivier Messiaen und Alexander Goehr, fühlte seine musikalische Berufung schon früh. Mit sieben Jahren begann er zu komponieren, bereits als Zwölfjähriger kannte er nur ein Ziel: Opern schreiben. Seinen Erfolg als Komponist begründete er 1980 allerdings mit einem Instrumentalwerk: Ringed by the Flat Horizon, das er seinem Lehrer Olivier Messiaen widmete. Die Studienzeit bei Messiaen hinterließ tiefe Eindrücke: Die Menschlichkeit seines Lehrers, dessen bedingungslose Leidenschaft für Musik, sein Gespür für Harmonien und seine neuartigen Ideen zur Rhythmik inspirierten George Benjamin, auch wenn er sich heute – wie er betont – von dem ästhetischen Standpunkt seines Lehrers weit entfernt hat. George Benjamin vereint zwei für ihn vollkommen gegensätzliche Leidenschaften, Dirigieren und Komponieren. »Das Dirigieren ist sehr gesellig und eine physische Tätigkeit«, erklärt er. »Das Komponieren geschieht hingegen hauptsächlich im Kopf. Man braucht sehr viel Ruhe und Geduld dazu. Ich liebe beides!« In der kommenden Saison kann das Berliner Konzertpublikum Benjamin auch in den so unterschiedlichen Funktionen erleben.

Faszinierende Klanggewebe

Mit Ringed by the Flat Horizon gab Benjamin 2006 sein Debüt als Dirigent bei den Berliner Philharmonikern, ein Ereignis, auf das er gerne zurückblickt: »Ich erinnere mich noch gut an die außergewöhnliche Klangqualität des Orchesters, diese Klangfülle aus der Tiefe heraus! Das ist unvergleichlich.« Gemeinsam mit den Philharmonikern führt Benjamin nun sein zweiteiliges Orchesterwerk Palimpsests auf, in dem er aus sich überlagernden musikalischen Schichten ein faszinierendes Klanggewebe schafft. Betrachtet man George Benjamins Schaffen im Ganzen, fällt auf, dass sich jedes seiner Werke im Charakter tendenziell vom vorangegangenen Stück merklich unterscheidet. »Seine bezeichnend langsame Schaffensweise«, so der englische Musikwissenschaftler und Komponist David Wright, »hängt mit der detaillierten Analyse des hervorgebrachten Materials zusammen und mit seinem Sinn für die Auswirkungen, die es für den kompositorischen Prozess und das musikalische Resultat jedes einzelnen Werks hat.« Hinzu kommt Benjamins feines Gespür für überraschende, oft raffinierte Kombinationen von Instrumenten.

Kongeniale Durchdringung von Musik und Sprache

Seinen Herzenswunsch, Opern zu komponieren, konnte er sich erst relativ spät erfüllen. Entscheidend dafür wurde für ihn die Begegnung mit dem englischen Dramatiker Martin Crimp, der ihm die idealen Libretti lieferte. 2006 erschien seine auf der Sage vom Rattenfänger von Hameln basierende Kammeroper Into the Little Hill. Es folgte 2012 das Bühnenwerk Written on Skin, das nach einem mittelalterlichen Sagenstoff entstand und eine ergreifende Geschichte um Liebe, Macht und Grausamkeit erzählt. Obwohl in weit zurückliegenden Zeiten angesiedelt, sind beide Stoffe doch von ungeheurer Aktualität. »Die Art wie Martin Crimp das Moderne mit dem Alten mischt, hat für mich einen magischen Zauber«. Was beide Bühnenwerke auszeichnet, die zum ersten Mal überhaupt in Berlin erklingen werden, ist die kongeniale Durchdringung von Musik und Sprache. Written on Skin entstand 2012 für das Mahler Chamber Orchestra, dessen transparenter Klang und wunderbare Artikulationsfähigkeit Benjamin beim Komponieren im Ohr hatte. Das Mahler Chamber Orchestra führt nun beide Opern mit George Benjamin am Pult in der Philharmonie auf.

Im Rahmen der philharmonischen Kammerkonzerte interpretiert das Scharoun Ensemble Berlin sein Oktett, und das Musikfest Berlin widmet Benjamin eine Matinee mit dem Pianisten Florent Boffard. Auch das Education-Programm der Berliner Philharmoniker beteiligt sich am Benjamin-Schwerpunkt und entwickelt ein kreatives Projekt zu Into the Little Hill.

(Foto: A. Bofill)