Ehrenmitgliedschaft für Mariss Jansons

Die Berliner Philharmoniker würdigen die lange künstlerische Freundschaft

(Foto: Stephan Rabold)

»Seit vielen Jahren erleben die Berliner Philharmoniker und das Publikum mit und dank Ihnen immer wieder faszinierende Konzerte. Dass Sie, verehrter Mariss Jansons, in diesen Tagen bei uns sind, ist uns allen eine große Freude. Denn es ist unser Herzenswunsch, Ihnen mit der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft unseres Orchesters Dank zu sagen. Dank für die vielen Jahre eines einzigartigen musikalischen Miteinanders, für unvergessliche gemeinsame Konzerte – kurzum: für Ihre wunderbare Freundschaft.« Mit diesen Worten überreichte Orchestervorstand Knut Weber dem lettischen Dirigenten die Urkunde, die ihn zum Ehrenmitglied der Berliner Philharmoniker ernannte. Die Auszeichnung, die außer ihm Daniel Barenboim, Bernard Haitink, Nikolaus Harnoncourt und Seiji Ozawa erhalten haben, ist Ausdruck der hohen Wertschätzung, die das Orchester Mariss Jansons entgegenbringt.

Tiefe Verbundenheit seit 1976

Mariss Jansons, der am 14. Januar seinen 75. Geburtstag feierte, gehört zu jenen Dirigenten, die sich den Berliner Philharmonikern dank ihrer kontinuierlichen und langjährigen Zusammenarbeit auf besondere Weise verbunden fühlen. Wenn der gebürtige Lette vor das Orchester tritt, spiegelt sich in seinem Gesicht eine erwartungsfrohe Begeisterung, eine positive Energie, die sämtliche Musiker mitreißt. »Ich komme immer mit großer Freude«, bekannte Jansons in einem Interview der Digital Concert Hall. »Das Orchester ist absolut fabelhaft. Hier herrscht ein spezieller Geist. Jeder Musiker ist nicht nur erstklassig, sondern auch voller Leidenschaft und Engagement.« Die erste Begegnung zwischen Mariss Jansons und den Berliner Philharmonikern fand 1971 statt. Der damals 28-Jährige hatte den Zweiten Preis beim Internationalen Dirigentenwettbewerb »Herbert-von-Karajan« gewonnen und dirigierte im Schlusskonzert Ravels Daphnis et Chloé. »Ich war sehr nervös. Karajan saß im Saal und ich war mit dem musikalischen Ergebnis meines Dirigats nicht zufrieden. Das, was ich aus dem Werk herausholen wollte, konnte ich nicht zeigen.« Die Orchestermusiker fühlten allerdings sofort, dass hier ein Ausnahmetalent vor ihnen stand. Und auch die Presse konstatierte, dass Jansons, obwohl er »nur« den zweiten Preis gewonnen hatte, bei diesem Abschlusskonzert von allen Gewinnern den »reifsten Eindruck« machte.

Musik im Blut

Mariss Jansons wurde in eine Musikerfamilie hineingeboren: Der Sohn des Dirigenten Arvids Jansons und der Sängerin Iraida Jansons wusste schon sehr früh, dass er den gleichen Beruf wie sein Vater ausüben wollte. Als Kind dirigierte er Knöpfe, Teddybären und Stofftiere. Das Opernhaus in Riga, die Arbeitsstätte seiner Eltern, wurde sein zweites Zuhause. Dort lernte er nicht nur früh die wichtigsten Opern und Ballette, sondern auch die Gesetzmäßigkeiten des Musikerberufs kennen. 1952 übersiedelte die Familie nach Leningrad (heute: St. Petersburg), weil Arvids Jansons Assistent von Jewgenij Mrawinsky wurde, dem Chef der Leningrader Philharmoniker. Mariss studierte zunächst am dortigen Konservatorium Violine, Klavier und Dirigieren, später ging er nach Wien zu Hans Swarowsky und nach Salzburg zu Herbert von Karajan. 1971, im Jahr seines Wettbewerbsgewinns, machte ihn Mrawinsky zu seinem Assistenten. Von Leningrad aus startete Mariss Jansons seine Weltkarriere. Nach Chefpositionen beim Philharmonischen Orchester Oslo und beim Pittsburg Symphony Orchestra ist er seit 2003 Chefdirigent von Symphonieorchester und Chor des Bayerischen Rundfunks. Zudem leitete er in gleicher Position von 2004 bis März 2015 das Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam.

Immer wieder Schostakowitsch

Sein »offizielles« Debüt bei den Berliner Philharmonikern gab Mariss Jansons 1976. Seit 1988 ist er ein häufiger und regelmäßiger Gast der Philharmoniker, begleitete sie auch auf Reisen und stand am Pult bei Waldbühnen- und Europakonzerten. Seine Programme zeichnen sich durch ungewöhnliche Werkauswahl aus, meist enthalten sie mindestens ein Stück von Komponisten aus dem nord- und osteuropäischen Raum. Vor allem die Werke Dmitri Schostakowitschs lagen und liegen ihm sehr am Herzen. Mit gutem Grund. Hat er doch dessen Kompositionen durch seinen Vater, einem Freund Schostakowitschs, bereits als Kind aus erster Hand kennen- und schätzen gelernt. Darüber hinaus gilt er auch als Experte für das romantische Repertoire des 19. Jahrhunderts. 2007 war er erstmals im Rahmen seiner langjährigen Zusammenarbeit mit den Berlinern als Mahler-Dirigent zu erleben. Und auch in dieser Saison präsentiert er sich mit einem Komponisten, den er bei den Philharmonikern noch nie dirigiert hat: Anton Bruckner, dessen Sechste Symphonie er mit dem Orchester aufführt. Außerdem erklingt Robert Schumanns Klavierkonzert mit Daniil Trifonov als Solisten. Was Mariss Jansons an den Berliner Philharmonikern am meisten schätzt? »Die hohe Qualität dieses Orchesters. Sie beglückt mich als Dirigent, weil ich alles verwirklichen kann, was ich möchte.«


1971: Mariss Jansons, einer der Gewinner des Karajan-Wettbewerbs
(Foto: Reinhard Friedrich)
2017: Europakonzert in Pafos
(Foto: Archiv Berliner Philharmoniker)