30 Jahre Suntory Hall in Tokio

Eine zweite Heimat der Berliner Philharmoniker in Japan

(Foto: Monika Rittershaus)

Sie ist die jüngere Schwester der Berliner Philharmonie: die Suntory Hall in Tokio, die vor 30 Jahren am 12. Oktober 1986 mit einem Galakonzert des NHK-Symphonieorchesters unter der Leitung von Wolfgang Sawallisch eröffnet wurde. Nur wenige Tage später gastierten die Berliner Philharmoniker mit drei Konzerten in dem neuen Haus – als erstes ausländisches Orchester. Eigentlich sollte Herbert von Karajan die Aufführungen dirigieren, doch dieser musste aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig absagen. An seiner Stelle stand Seiji Ozawa am Pult der Philharmoniker und leitete am 28. und 29. Oktober die Vierte Symphonie von Ludwig van Beethoven sowie die Erste von Johannes Brahms. Am 30. Oktober folgten Franz Schuberts Unvollendete und Ein Heldenleben von Richard Strauss. »Von Anfang an bemerkenswert war der wunderbar kantable Ton der Streicher, mit dem sich die solistischen Holzblasinstrumente sehr klar und harmonisch mischten«, hieß es anschließend in der Kritik der Japan Times. Dieses Konzert, das damals von NHK aufgezeichnet wurde, können Sie in der Digital Concert Hall ansehen.

Der Konzertsaal im Bau
(Foto: Suntory Hall)
Unübersehbar: die Ähnlichkeit mit der Berliner Philharmonie
(Foto: Suntory Hall)

Von der Berliner Philharmonie inspiriert

Karajan selbst stand im Mai 1988, ein Jahr vor seinem Tod, erstmals für zwei Konzerte auf dem Podium der Suntory Hall, die ihre architektonische Gestalt dem regen kulturellen Austausch zwischen den Berliner Philharmonikern und Japan verdankt: Denn die weinbergartige, arenaförmige Form des Saals, die damals neu und ungewöhnlich wirkte, geht auf eine Anregung Karajans zurück. Der Bauherr Keizo Saji, damaliger Präsident von Suntory und Freund des legendären Sony-Chefs und Karajan-Vertrauten Norio Ohga, wollte sich bei einem Treffen den Rat Karajans holen. Obwohl Saji ursprünglich die konventionellere Schuhkarton-Form wie im Wiener Musikverein favorisierte, überzeugten ihn die Argumente des Dirigenten. Er meinte nur leise: »Dann lass es uns so machen«. Diese schnelle Entschlusskraft beeindruckte den Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker sehr. Die Akustik, die als vorbildlich gilt, ist ein Frühwerk Yasuhisa Toyotas, der mittlerweile eine Reihe berühmter Konzerthäuser betreut hat: von der Walt Disney Concert Hall in Los Angeles über die Elbphilharmonie bis hin zum Pierre Boulez Saal in Berlin.

 

Herbert von Karajan und Keizo Saji
(Foto: Suntroy Hall)

Weltberühmte Akustik

Die Suntory Hall, die heute zu den berühmtesten Konzertsälen der Welt zählt, gehört dem japanischen Getränkekonzern Suntory, der als Hersteller von Whisky internationales Renommee besitzt. Im Gegensatz zu vielen deutschen Kulturstätten ist sie ein privat geführtes Haus. Das absolut Neue bei der Eröffnung war nicht nur die ungewöhnliche Architektur, sondern die Spezialisierung auf Aufführungen klassischer Musik. Das gab es vorher in Tokio nicht. Noch heute erinnert Vieles an die Zusammenarbeit mit Herbert von Karajan: So trägt der Vorplatz des Hauses den Namen des Dirigenten und im Foyer hängt eine Tafel mit Karajans Grußworten zur Eröffnung. Seit 1986 ist es für die Berliner Philharmoniker eine Selbstverständlichkeit bei jeder ihrer Japan-Tourneen in der Suntory Hall aufzutreten. Von den zahlreichen musikalischen Höhepunkten, die das Orchester erlebte, sei nur an den Brahms-Zyklus unter Claudio Abbado 1992 oder das erste Gastspiel unter der Leitung von Sir Simon Rattle 2004 erinnert. Zuletzt gastierten die Philharmoniker und ihr Chefdirigent dort im Mai 2016 und führten ihren gefeierten Beethoven-Zyklus auf. Das Orchester fühlt sich dem japanischen Publikum auf besondere Weise verbunden: 1957 kamen die Berliner Philharmoniker zum ersten Mal nach Japan und waren überwältigt von der Begeisterung, die ihnen entgegengebracht wurde. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Während der Gastspielreisen entwickelten sich zwischen den Musikern und den Japanern zahlreiche private Kontakte, Freundschaften und Kooperationen. Und die Suntory Hall ist dem Orchesters zur zweiten Heimat geworden.