Anne-Sophie Mutter und die Berliner Philharmoniker

Die Geigerin und das Orchester feiern ihre 40-jährige künstlerische Partnerschaft

(Foto: Bastian Achard)

Ihre Weltkarriere begann mit einem Weltorchester: Im Mai 1977 gab Anne-Sophie Mutter bei den Salzburger Pfingstfestspielen ihr Debüt bei den Berliner Philharmonikern. Das Spektakuläre an diesem Auftritt war, dass die Solistin trotz ihres jugendlichen Alters von 13 Jahren über eine große künstlerische Reife verfügte: Sie interpretierte unter der Leitung Herbert von Karajans, der die Geigerin entdeckt hatte, Wolfgang Amadeus Mozarts G-Dur-Violinkonzert und beeindruckte durch technische Perfektion und ein Pianissimo, das klar und makellos erschien, ohne süßlich zu wirken.

Karajans Entdeckung

»Sie spielte das Konzert hinreißend, und vor allem: sie spielte es ganz und gar nicht wunderkindlich. Ihre Technik ist voll ausgereift«, schwärmte der Rezensent der Welt. Nicht ihr Spiel, wohl aber ihre Schrift verrät ihre große Jugend. »In Dankbarkeit für mein erstes Konzert mit den Berliner Philharmonikern unter Herrn von Karajan«, schrieb sie in kindlichen Lettern auf eine Grußkarte an das Orchester. Im folgenden Jahr präsentierte sie Mozarts Konzert in der Berliner Philharmonie und auch dort begeisterte sie. Trotz allem Lob überlegte so mancher Kritiker, ob sie das Wunderkind-Image wohl ablegen könne.

1980: mit Karajan bei der Probe
(Foto: Gustav Zimmermann)

Künstlerische Übereinstimmung

Sie konnte. Das bewies sie bereits kurz darauf, als die 16-Jährige 1980 unter Karajans Leitung mit den Berliner Philharmonikern Beethovens Violinkonzert aufführte. Die Presse reagierte begeistert: Sie spiele »mit sanglichem Ton und reifer Empfindlichkeit« (Der Abend). Man staunte über besondere Verbindung, die künstlerische Übereinstimmung, die sich zwischen Solistin, Dirigent und Orchester einstellte – egal, welches der großen Violinkonzerte auf dem Programm stand. 1983 stellte sie innerhalb von nur vier Monaten die Violinkonzerte von Johannes Brahms und Felix Mendelssohn Bartholdy sowie − zusammen mit dem Cellisten Antonio Meneses − das Brahms-Doppelkonzert vor. Anne-Sophie Mutter gelang eine beispiellose Karriere, die sie immer wieder auch zu den Berliner Philharmonikern führte. Ein besonderes Anliegen der Künstlerin ist die Neue Musik, viele zeitgenössische Komponisten schrieben Werke für sie: Witold Lutosławski, Krzysztof Penderecki, Henri Duttileux, Wolfgang Rihm und Sofia Gubaidulina, deren Werk In tempus praesens Anne-Sophie Mutter 2007 zusammen mit den Berliner Philharmonikern und Sir Simon Rattle uraufführte.

»Verschwenderisches Talent der Ausdruckskunst«

Zu den Höhepunkten in der Zusammenarbeit mit den Berliner Philharmonikern gehörte die Mitwirkung der Geigerin beim Festkonzert zum 100-jährigen Bestehen des Orchesters (1982) und bei der Eröffnung des Kammermusiksaals (1987) sowie beim Konzert zum 100. Geburtstag Herbert von Karajans, das Seiji Ozawa dirigierte. Nicht von ungefähr interpretierte die Geigerin das Violinkonzert von Beethoven, das Werk, das sie am häufigsten mit Karajan aufgeführt hat. »Anne-Sophie Mutter, ein wirklich verschwenderisches Talent der Ausdruckskunst, spielte Beethoven so, dass niemand unberührt bleiben konnte«, hieß es anschließend in der Berliner Zeitung. Auch zu anderen glanzvollen Konzertereignissen lud sie das Orchester als Gastsolistin ein: 2014 reiste sie mit den Philharmonikern zu den Osterfestspielen nach Baden-Baden und im Rahmen einer Carnegie-Hall-Residency nach New York. Im folgenden Jahr war sie der Stargast des philharmonischen Silvesterkonzerts. 2011 spielte sie unter Leitung von Sir Simon Rattle erstmals mit dem Orchester Antonín Dvořáks Violinkonzert, 2013 war sie mit diesem Werk nochmals zu erleben. Dieses Mal mit Manfred Honeck als Dirigent. Ihre mittlerweile 40-jährige Partnerschaft feiern die Philharmoniker und Anne-Sophie Mutter nun mit einem Festkonzert, bei dem es eine musikalische Premiere gibt: Zum ersten Mal führen sie gemeinsam das Violinkonzert von Peter Tschaikowsky auf. Die Leitung hat Riccardo Muti. Selbst in langjährigen Beziehungen kann man sich noch mit Neuem überraschen.