Von Bayern nach New York
Der Organist Raphael Attila Vogl

(Foto: Christian Haasz)
An vier Sonntagen pro Saison bitten die berühmtesten Organistinnen und Organisten der Welt zur Orgelmatinee in die Philharmonie Berlin, häufig gesellen sich auch Mitglieder der Berliner Philharmoniker hinzu. Anfang Oktober gibt Raphael Attila Vogl sein Berliner Debüt. Eine Begegnung.
Die Orgel hat unter den Musikinstrumenten nicht gerade das beste Image. Orgeln klingen alle gleich, lautet ein gängiges Vorurteil, und Orgelmusik steht im Verdacht, nicht besonders spannend zu sein. Raphael Attila Vogl ärgert sich über den schlechten Ruf des Instruments.
Wer den 27-Jährigen persönlich kennenlernt, ist nicht selten überrascht, denn so hat man sich einen Organisten nicht vorgestellt. Raphael Vogl sieht eher aus wie ein Model oder ein Fitnesstrainer und nicht wie jemand, der angeblich eintönige Musik spielt. Dabei hat der gebürtige Niederbayer sein Handwerk von der Pike auf gelernt: erster Klavierunterricht mit sechs, fünf Jahre später kam die Orgel hinzu, als er 13 war, nahm ihn der Passauer Domorganist Ludwig Ruckdeschel unter seine Fittiche und wurde sein Mentor.
Liebliche Klänge und ein Heidenlärm
Zu diesem Zeitpunkt war der Teenager der »Königin der Instrumente« bereits verfallen. »Das Erstaunliche an der Orgel ist, dass man das komplette Hörspektrum des Menschen abdeckt – vom Infraschall bis hin zum Ultraschall«, erzählt Vogl im Gespräch mit Phil. »Man kann von den leisesten Registern, die lieblich und zart klingen, umschalten und einen Heidenlärm veranstalten.«
Doch irgendwann wurde ihm Bayern zu klein. Nach dem Bachelor-Examen in Regensburg bewarb sich Raphael Vogl um einen der begehrten Master-Studienplätze an der renommierten Juilliard School in New York und wurde prompt genommen. Seit gut 20 Jahren ist er der erste deutsche Orgelstudent, dem der Sprung an den Hudson River gelungen ist. Dort studiert er bei Paul Jacobs, der dank eines gewonnenen Grammy Awards eine Bekanntheit genießt, die weit über die Orgelwelt hinaus strahlt.
»Raphael Vogl ist ein außergewöhnlicher junger Künstler«, lobt Jacobs seinen Studenten, »der mittels seiner eleganten Musikalität und seiner einfallsreichen Programme sofort Verbindung zu seinem Publikum aufbaut. Darüber hinaus verfügt Raphael über ein feines Gespür für Farben und ein hervorragendes Gedächtnis. Wenn die Orgel die ›Königin der Instrumente‹ ist, dann ist Raphael Vogl ihr junger Prinz.«
Nach bestandenem Master-Examen entschied er sich, in New York zu bleiben und auch noch das Examen als Doctor of Musical Arts abzulegen, doch längst ist er auf den Konzertpodien in Europa und den USA zu Gast. Wo immer Raphael Vogl heute auftritt, verleitet er sein Publikum zu Beifallsstürmen. Die leidenschaftliche Virtuosität, der draufgängerische Impetus und die jugendliche Kraft seiner Interpretationen – das alles ist faszinierend und bezwingend. Kein Wunder, dass er in den vergangenen Jahren gleich mehrfach Erste Preise in internationalen Wettbewerben gewann.
Für sein Debüt in der Philharmonie Berlin hat sich Raphael Vogl Verstärkung vom philharmonischen Soloklarinettisten Wenzel Fuchs geholt. Gemeinsam musizieren sie ein Programm, das den Organisten auch als Arrangeur vorstellt. Als Hauptwerk erklingen Max Regers berühmte Mozart-Variationen, die die Berliner Philharmoniker wenige Wochen zuvor in ihrem Saisoneröffnungskonzert präsentierten und die Raphael Vogl nun in seiner eigenen Orgelfassung darbietet. Wetten, dass Ihnen nicht langweilig wird?
Oliver Hilmes