Viel-falt

Die Uraufführungen der Saison 2022/23

»Kinder, schafft Neues!«, ermunterte Richard Wagner seine jüngeren Kollegen. Wir unterstützen diesen Aufruf in der Saison 2022/23 mit vier Uraufführungen und einer deutschen Erstaufführung.

Unter den Komponistinnen und Komponisten dieser Neuheiten ist der 1955 in Hiroshima geborene Toshio Hosokawa der langjährigste Partner der Berliner Philharmoniker – schon 1982 spielte das Orchester eines seiner Werke bei einem Kompositionswettbewerb. Der bekannteste Komponist Japans schöpft seine Musiksprache aus dem Spannungsverhältnis zwischen westlicher Avantgarde und der traditionellen Kultur seiner Heimat. Schönheit erwächst bei ihm stets aus der Vergänglichkeit: »Wir hören einzelne Töne und nehmen zugleich den Prozess wahr, wie sie geboren werden und vergehen, sozusagen eine tönend in sich belebte Landschaft des Werdens.« Hosokawa schreibt häufig Werke, die sich mit der Natur beschäftigen, so etwa 2011 das Hornkonzert »Moment of Blossoming« für die Berliner Philharmoniker und deren Hornisten Stefan Dohr, in dem er das Aufblühen einer Lotusblume schildert. Nun folgt ein Violinkonzert, geschrieben für den 1. Konzertmeister Daishin Kashimoto.

Miroslav Srnka wiederum hat bereits mit Kirill Petrenko an einer spektakulär erfolgreichen Uraufführung zusammengearbeitet: der Oper South Pole, die 2016 an der Bayerischen Staatsoper vorgestellt wurde. Nun folgt, erneut unter Petrenkos Leitung, ein Instrumentalwerk. Der 1975 in Prag geborene Srnka beschreibt seinen kompositorischen Ansatz so: »Es geht mir darum, Strukturen zu generieren, die aus ihrer eigenen abgeschlossenen Welt ausbrechen, die sich in extremen Situationen bewegen und den Menschen ähneln – Strukturen, die sich selbst überwinden und in Klang und Bewegung sinnfällig aufgehen.« Das klangliche Ergebnis dieser Überlegungen sind stark polyphone Verflechtungen: in sich changierende Klangbänder, immer wieder neu aufgefächert, aus denen heraus sich einzelne Linien oder Klangbildungen entwickeln.

Zum Abschluss der Saison wird Kirill Petrenko gleich zwei Komponistinnen mit neuen Werken dem Publikum der Berliner Philharmoniker vorstellen. Da ist zum einen die US-Amerikanerin Julia Wolfe. 1987 war sie eine der Gründerinnen der spektakulären New Yorker Projektgruppe Bang on a Can, die das Musikleben der Metropole nachhaltig veränderte. Dieses Forum ermöglichte es jungen Komponistinnen und Komponisten, abseits des etablierten Musikbetriebs neue Ausdrucksformen zu entwickeln und mit ungewöhnlichen Techniken zu experimentieren. Julia Wolfe kennt keine Dogmen in ihrer Musik. Klassische Werke dienen ihr ebenso als Inspirationsquelle wie Rock, Minimalmusik oder Folklore, und sie liebt es, die Grenzen zwischen diesen Genres einzureißen. Den Ausführenden verlangt ihre Musik technisch und expressiv oft das Äußerste ab, sodass jede Uraufführung eines ihrer Stücke zu einer Herausforderung für die Interpreten wird.

Neben Julia Wolfe ist Lisa Streich im selben Konzert mit einem neuen Werk vertreten. Die 1985 im schwedischen Norra Råta geborene Komponistin und Organistin verzichtet auf programmatische Titel, Texte und Kommentare zu ihren Werken. Deren spiritueller Hintergrund ist dennoch klar erkennbar; man hört, dass es immer um Wesentliches geht, existenzielle Erfahrungen thematisiert werden. Dabei verdankt sich die Intensität ihrer Musiksprache komplex ausdifferenzierten Strukturen. Beispielsweise schreibt sie oft mehrere Geschwindigkeitsstufen vor, mit denen Streicher ihre Bogenführung gestalten, Harfenistinnen über die Saiten fahren und Posaunen mit ihren Zügen glissandieren. Lisa Streichs Musik ist zugleich ernst und verspielt, kraft- und bedeutungsvoll, körperlich, grausam und zart – immer jedoch neuartig und originell.

Ein weiteres brandneues Werk in unseren Programmen ist ein Orgelkonzert von Esa-Pekka-Salonen, geschrieben sowohl für die lettische Organistin Iveta Apkalna als auch für Olivier Latry, Organist von Notre-Dame de Paris. Nach der Uraufführung am 9. Januar 2023 in Kattowitz mit Iveta Apkalna wird Esa-Pekka Salonen am 19. Januar in der Philharmonie Berlin mit Olivier Latry an der Orgel die deutsche Erstaufführung dirigieren. Salonen, weltweit gefeierter Dirigent und Komponist, ist in dieser Saison Composer in Residence der Berliner Philharmoniker. Der 1958 geborene Finne versteht es wie wenige, wirkungsvoll und ausdrucksstark für Orchester zu schreiben. Wenn dann noch eine Orgel hinzukommt, kann man sich auf unerhörte, hochexpressive Klangwelten freuen.

Ur- und Erstaufführungen

Donnerstag,

08. Jun 2023,
20.00 Uhr

Großer Saal

Aboserie: I – Konzerte mit den Berliner Philharmonikern

Do. 08. Jun 2023, 20:00 Uhr
Großer Saal

Berliner Philharmoniker

Kirill Petrenko Dirigent

Sebastian Krunnies Moderation

Werke von Lisa Streich, Julia Wolfe und Peter Tschaikowsky

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Freitag,

09. Jun 2023,
20.00 Uhr

Großer Saal

Aboserie: K – Konzerte mit den Berliner Philharmonikern

Fr. 09. Jun 2023, 20:00 Uhr
Großer Saal

Berliner Philharmoniker

Kirill Petrenko Dirigent

Sebastian Krunnies Moderation

Werke von Lisa Streich, Julia Wolfe und Peter Tschaikowsky

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Samstag,

10. Jun 2023,
19.00 Uhr

Großer Saal

Aboserie: N – Konzerte mit den Berliner Philharmonikern

Sa. 10. Jun 2023, 19:00 Uhr
Großer Saal

Berliner Philharmoniker

Kirill Petrenko Dirigent

Sebastian Krunnies Moderation

Werke von Lisa Streich, Julia Wolfe und Peter Tschaikowsky

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