09. Feb 2023,
20.00 Uhr
Philharmonie
Aboserie: G – Konzerte mit den Berliner Philharmonikern
Biennale der Berliner Philharmoniker
Berliner Philharmoniker
Kirill Petrenko Dirigent
Werke von György Ligeti, Miroslav Srnka und Claude Debussy
Als »bleierne Zeit« werden die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg oft bezeichnet. Künstlerisch war dies jedoch eine faszinierende Epoche, deren experimentierfreudige Konzepte es neu zu entdecken gilt. Unsere Biennale bietet dazu die Gelegenheit.
Deutschland 1945, Stunde Null. Die Berliner Philharmoniker nehmen den Konzertbetrieb schnell wieder auf, bereits Ende Mai 1945 gibt es den ersten Auftritt nach Kriegsende. Die Bedingungen sind alles andere als gut: das angestammte Haus zerstört, Dirigent Wilhelm Furtwängler vorerst mit Auftrittsverbot belegt und die materielle Zukunft ungesichert. Die Situation der Philharmoniker nach dem Ende der NS-Diktatur ist charakteristisch für den Zu- stand des deutschen Kulturlebens, das seinen Standort zwischen gestern und morgen, zwischen Überlieferung und Neuanfang, Provinzialismus und Urbanität erst suchen musste.
Die 1950er- und 60er-Jahre haben oft kein gutes Image. Politisch und gesellschaftlich stehen sie für eine Restauration, die erst von den »Achtundsechzigern« beendet wurde. Dabei waren die ersten zwei Jahrzehnte nach dem Krieg künstlerisch eine außerordentlich produktive und innovative Epoche: Der junge Joseph Beuys machte mit ersten Einzelausstellungen auf sich aufmerksam, die Gruppe 47 versammelte sich zwischen 1947 und 1967 und gab der deutschsprachigen Literatur eine neue Stimme, und auch die junge Komponistengeneration provozierte
mit unerhörten Klängen.
Im Mittelpunkt des Programms steht György Ligeti, dessen 100. Geburtstag 2023 gefeiert wird.
Gemeinsam mit Chefdirigent Kirill Petrenko und Gästen wie Sir Simon Rattle, Alan Gilbert, dem Pianisten Bertrand Chamayou, dem Quatuor Diotima, dem Chansonnier Tim Fischer sowie dem RIAS Kammerchor und dem Rundfunkchor Berlin nehmen die Berliner Philharmoniker mit ihrer Biennale 2023 nun diese Nachkriegszeit in den Fokus. Im Mittelpunkt steht der Komponist György Ligeti, dessen 100. Geburtstag 2023 gefeiert wird. Ligeti und seine Frau flohen im Dezember 1956 aus Ungarn und ließen sich zunächst in Wien nieder. Ab 1957 arbeitete der Komponist im Studio für elektronische Musik des Westdeutschen Rundfunks in Köln und traf dort wichtige Vertreter der Avantgarde. In der Folgezeit entstanden epochemachende Orchesterwerke wie Apparitions (1958/59), Atmosphères (1961) und Lontano (1967).
Ligetis Musik wirkte damals ebenso aufregend wie verwirrend. Ungewöhnlich war bereits die Notationsweise. So türmen sich beispielsweise in Atmosphères bis zu 87 Notensysteme übereinander und hinterlassen einen unübersichtlichen Eindruck. Hört man das Werk aber, erinnert es an eine große orchestrale Plastik. »Die Gesamtform des Stückes ist wie ein einziger, weit gespannter Bogen zu realisieren, die einzelnen Abschnitte schmelzen zusammen und werden dem großen Bogen untergeordnet«, erläutert der Komponist. Dieser Bogen reicht von nebulösen Anfangsklängen bis zum magischen Entschwinden ins nahezu Unhörbare am Ende.
Neben György Ligetis großen Orchesterskulpturen erklingen auch Klavier-, Kammermusik- und Orgelwerke aus seiner Feder. Das 1966 entstandene Lux Aeterna für sechzehnstimmigen gemischten Chor wird in einem Konzert in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche aufgeführt, die drei Jahre vor Entstehung des Werks eingeweiht wurde. So gehen die Musik und die Architektur der 1960er-Jahre eine spannungsreiche Symbiose ein. Das Staatliche Institut für Musikforschung organisiert darüber hinaus ein zweitägiges Symposium, das Ligetis künstlerischen Kosmos wissenschaftlich vermisst. Weitere Einblicke liefert eine Ausstellung zum Komponisten, die im Foyer der Philharmonie zu sehen sein wird. Gespiegelt wird Ligetis Werk im Schaffen anderer Komponisten, die die Musik der Nachkriegszeit definierten: darunter etwa Bernd Alois Zimmermann,
dessen Musique pour les soupers du Roi Ubu einen Humor zeigt, den man dieser Epoche im Allgemeinen nicht zutraut.
Ein genre- und kunstformübergreifendes Festival, mit Veranstaltungen jenseits des klassischen Konzerts
Die Biennale der Berliner Philharmoniker ist ein genre- und kunstformübergreifendes Festival, das den Blick durch Veranstaltungen jenseits des klassischen Konzerts weitet. So stellen wir in einer Lesung in der Staatsbibliothek den berührenden Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und Hans Werner Henze vor, während Tim Fischer in einem Chansonabend die Italiensehnsucht der damaligen Zeit besingt. Auch die bedeutende Architektur der 1950er- und 60er-Jahre in Berlin liefert eindringliche Einblicke, allen voran die Philharmonie, eine Ikone der Nachkriegsarchitektur. Während der Biennale bieten wir spezielle Führungen durch unser Haus an, darüber hinaus arrangieren wir eigens kuratierte Spaziergänge entlang weiterer architektonischer Highlights. Last, but not least findet im PalaisPopulaire der Deutschen Bank, Partner der Berliner Philharmoniker, ein Konzert der Reihe Werkstatt.Dialog.Musik statt, das sich ebenfalls interdisziplinär der Epoche annähert.
Ob Orchesterkonzert oder Kammermusik, Lesung oder Chansonabend, Architekturführung oder Symposium – tauchen Sie mit uns ein in eine faszinierende künstlerische Ära.
Termine der Biennale
09. Feb 2023,
20.00 Uhr
Philharmonie
Aboserie: G – Konzerte mit den Berliner Philharmonikern
Werke von György Ligeti, Miroslav Srnka und Claude Debussy
10. Feb 2023,
20.00 Uhr
Philharmonie
Aboserie: F – Konzerte mit den Berliner Philharmonikern
Werke von György Ligeti, Miroslav Srnka und Claude Debussy
11. Feb 2023,
19.00 Uhr
Philharmonie
Aboserie: H – Konzerte mit den Berliner Philharmonikern
Werke von György Ligeti, Miroslav Srnka und Claude Debussy
11. Feb 2023,
22.00 Uhr
Kammermusiksaal
Philharmonie »Late Night«
14. Feb 2023,
20.00 Uhr
Kammermusiksaal
Kammermusik | Aboserie: U – Klavier
Werke von John Cage, Karl Amadeus Hartmann, Luciano Berio, Olivier Messiaen und György Ligeti
16. Feb 2023,
20.00 Uhr
Philharmonie
Aboserie: I – Konzerte mit den Berliner Philharmonikern
Werke von Bernd Alois Zimmermann, Bohuslav Martinů und György Ligeti
17. Feb 2023,
20.00 Uhr
Philharmonie
Aboserie: M – Konzerte mit den Berliner Philharmonikern
Werke von Bernd Alois Zimmermann, Bohuslav Martinů und György Ligeti
18. Feb 2023,
19.00 Uhr
Philharmonie
Werke von Bernd Alois Zimmermann, Bohuslav Martinů und György Ligeti
19. Feb 2023,
11.00 Uhr
Philharmonie
Orgel | Aboserie: Z – Orgel
Werke von Johann Sebastian Bach, Max Reger, Jean-Baptiste Dupont, Igor Strawinsky und György Ligeti
19. Feb 2023,
16.00 Uhr
Kammermusiksaal
Aboserie: S – Philharmonischer Salon
21. Feb 2023,
20.00 Uhr
Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche
Kammermusik
Werke von György Ligeti
22. Feb 2023,
20.00 Uhr
Kammermusiksaal
Kammermusik | Aboserie: T – Quartett
Werke von Leoš Janáček und György Ligeti
23. Feb 2023,
20.00 Uhr
Philharmonie
Aboserie: K – Konzerte mit den Berliner Philharmonikern
Werke von Boris Blacher, Nicolò Paganini, Samuel Barber und Henri Dutilleux
24. Feb 2023,
20.00 Uhr
Philharmonie
Aboserie: D – Konzerte mit den Berliner Philharmonikern
Werke von Boris Blacher, Nicolò Paganini, Samuel Barber und Henri Dutilleux
25. Feb 2023,
19.00 Uhr
Philharmonie
Aboserie: B – Konzerte mit den Berliner Philharmonikern
Werke von Boris Blacher, Nicolò Paganini, Samuel Barber und Henri Dutilleux
25. Feb 2023,
22.00 Uhr
St. Matthäus-Kirche, Berlin
Philharmonie »Late Night«
Werke von György Ligeti, György Kurtág und Ernö von Dohnányi
26. Feb 2023,
16.00 Uhr
Kammermusiksaal
Aboserie: S – Philharmonischer Salon