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Benjamin Bilse

Er lernte sein Handwerk von der Pike auf: Benjamin Bilse, 1816 im schlesischen Liegnitz geboren, erhielt im Alter von 14 Jahren seine Ausbildung zum Stadtmusikanten, bei der er sich »die praktische Behandlung fast aller Orchesterinstrumente« aneignete. Anschließend zog es ihn hinaus in die Welt, u. a. auch nach Wien, wo er als Geiger im Orchester von Johann Strauß (Vater) spielte.

1842 kehrte er in seine Heimatstadt zurück und leitete die dortige Stadtkapelle. Bilse erwies sich als guter Dirigent und Marketingstratege. Er verbesserte das künstlerische Niveau seiner Kapelle, sorgte für künstlerischen Nachwuchs, indem er begabten, aber mittellosen Jugendlichen kostenlos Musikunterricht gab, und unternahm mit seinem Orchester ausgedehnte Konzertreisen.

Die Bilsesche Kapelle (Gemälde von Adolf Menzel)

Eine künstlerische und gesellschaftliche Institution

Als er 1865 Liegnitz verließ, weil der Magistrat der Stadt die Musikerhonorare drücken wollte, trug das Orchester schon längst seinen Namen: Bilsesche Kapelle. 1867 ließen sich Benjamin Bilse und seine Musiker in Berlin nieder und wurden mit ihren Konzerten, die sie in der Wintersaison täglich im Konzerthaus in der Leipziger Straße gaben, sowohl eine künstlerische wie gesellschaftliche Institution.

Man ging zu Bilse, um gute Musik zu hören, aber auch um Ehen anzubahnen. Bilse bediente verschiedene Programmstrukturen und traf damit sowohl den intellektuellen als auch den volkstümlichen Geschmack. Neben Werke großer Meister und populäre Stücke stellte er gern die Schöpfungen junger, unbekannter Komponisten.

Die Abspaltung der 54 Gründungsmitglieder des Berliner Philharmonischen Orchesters 1882 bedeutete für ihn einen herben beruflichen Rückschlag. Er stellte sich zwar ein neues Orchester zusammen, verließ aber Berlin drei Jahre später und ging in seine Geburtsstadt Liegnitz zurück, wo er 1902 starb.


Hermann Wolff

Hermann Wolff, 1845 in Köln geboren und ab seinem 10. Lebensjahr in Berlin lebend, vereinte in sich verschiedene Talente: Unternehmergeist, kaufmännisches Geschick und Musikalität. Er verfügte über exzellente Kontakte, kannte viele Künstler und hatte ein ausgezeichnetes Gespür für vielversprechende Komponisten.

Kurz, er besaß sämtliche Voraussetzungen, einer der wichtigsten und einflussreichsten Konzertagenten seiner Zeit zu werden. 1880 öffnete er in Berlin sein eigenes »Konzertbureau« und beherrschte seither den damaligen Musikmarkt. Kein anderer seiner Zunft verfügte über so viele innovative Ideen und solchen unternehmerischen Mut wie er.

Hermann Wolff
(Foto: (Foto: Archiv Berliner Philharmoniker))

Künstlerisch gut vernetzt

Von seiner Geschäftstüchtigkeit profitierten auch die Berliner Philharmoniker. Nicht allein, dass Hermann Wolff ihnen die berühmtesten Solisten und besten Dirigenten jener Zeit vermittelte sowie Hans von Bülow und Arthur Nikisch als musikalische Chefs der von ihm veranstalteten philharmonischen Abonnementskonzerte engagierte, er zeigte dem Orchester immer wieder Wege aus existenziellen Krisen auf.

Legendär waren seine »philharmonischen Diners«, jene Sonntagsessen, bei denen er und seine Frau Luise, eine ehemalige Schauspielerin, die wichtigsten Musikerpersönlichkeiten zu sich nach Hause luden. Als Hermann Wolff, der ewig Rastlose und Getriebene, am 3. Februar 1902 überraschend im Alter von 56 Jahren starb, übernahm Luise Wolff die Konzertdirektion und führte sie in seinem Sinne weiter.

Während des Ersten Weltkriegs stieg Erich Sachs als Teilhaber in das Geschäft ein. Die Agentur blieb auch weiterhin marktbeherrschend. Das Aus für das Unternehmen kam mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Um sich nicht den Repressalien der neuen Herren aussetzen zu müssen, leitete Luise Wolff 1934 das Liquidationsverfahren ein. 1935 verstarb sie 80-jährig.